Dein Potsdam
Neues Palais im Park Sanssouci, Foto: PMSG SPSG Julia Nimke
Alle mit Maulbeerbäumen in der Lenneschen Feldflur, Foto: PMSG Nadine Redlich
Maulbeerbaum mit Früchten, Foto: PMSG Nadine Redlich

Dein Potsdam-Küchengeflüster – Juli 2023

Einmal im Monat nimmt dich die Genusstrainerin und Gastrosophin Katrine Lihn mit auf eine Entdeckungsreise durch Potsdams Töpfe und Pfannen. Mit ihren inspirierenden Rezepten kannst du das Potsdam-Gefühl auch zu Hause kulinarisch erleben. Dieses Mal zum Genießen: Maulbeer-Cheesecake mit Früchtchen.

Maulbeeren sind schmackhafte kleine süße Früchtchen, die nach dem Trocknen transparent erscheinen, leicht gelblich. Ich liebe sie getrocknet morgens in meinem Joghurt. Immer, wenn ich mit Gästen einen Spaziergang durch Potsdam mache, kommen wir unweigerlich auch zur Maulbeerallee. Ein Schmunzeln huscht über meine Lippen, denn die preußischen Könige wollten die Maulbeeren nicht trocknen oder gar verspeisen, oh nein! Ihre Idee war selbstverständlich adelig, groß gedacht und auch ein bisschen „oh lala“. Von wegen „profanes Müsli“ – feinster Stoff, beste Seide das war ihr Begehr. Eine eigene Produktion sollte entstehen. Die Unabhängigkeit ist in vielen Bereichen das Ziel Friedrich II. gewesen, doch bereits sein Vater Friedrich Wilhelm I., der „Soldatenkönig“, hatte den feinen Stoff für sich entdeckt. Eine Geschichte nimmt ihren Weg.

Versponnen und auch ein bisschen verwoben

In allen Jahrhunderten gibt es den Traum vom eigenen Sein. Heute mag das aus Kostengründen in manchen Kreisen anders gesehen werden – und wer trägt noch Seide? – doch das ist ein gänzlich anderes Thema. Sozusagen versponnen, verwoben wie die Fäden der Seidenspinner, denn um die geht es heute.

Sprechen wir bei unserem Spaziergang also über die Seidenproduktion aus dem Hause Hohenzollern. Welch grandiose Idee. Vom Wunsch nach mehr Unabhängigkeit auch im Bereich der Stoffgewinnung, war das starke Anliegen klar. Das feine Tuch wurde nicht nur für ebensolche Herrschaften hergestellt, sondern Tapeten und Wandbespannungen aus Seide galten als der letzte Schrei – „En vogue“ und ein Muss für königliche Räume.

Die Chinoiserien

Die Fürstinnen und adligen Häupter des 18. Jahrhunderts waren entzückt von all den Kostbarkeiten, den sogenannten Chinoiserien – Den feinsten Porzellanentwicklungen, den bemalten Wandgestaltungen sowie allerhand Waren aus leichten, fast sanften Seidenstoffen. Allerdings, wie es der Name erahnen lässt, aus China importiert.

Auch Friedrich II. träumte von feinen Gewändern, Decken und Tapeten aus purer feiner Seide. Es wurde gezeichnet, entworfen und schließlich in die Tat umgesetzt. Damals war man sich gar nicht bewusst, dass die Tapeten, diese bemalten Seidenobjekte durch den Einfluss des Lichtes ihre Schönheit einmal verlieren würden. Die Vergänglichkeit ist ein über Jahrhunderte bestehendes Thema.

Die Seide in den Schlössern

Die Seidentapeten, die speziell für das kleine Lieblingsschloss Sanssouci des „Alten Fritz“ angefertigt wurden, mussten bereits vor vielen Jahren ersetzt werden. Das Tageslicht ist der natürliche Feind dieser handbemalten Kostbarkeiten. Leider gibt es kaum Möglichkeiten, das Verblassen der Farben zu schützen. Allerdings gibt es auch Ausnahmen, es lohnt sich immer wieder einen Blick in alle Schlösser zu werfen und sich mit den schönen Dingen des Lebens zu beschäftigen. Denn ...

… in der Königswohnung im Neuen Palais lassen sich bis heute die feinen Tapeten, goldenen Borten und Crepinen (Quasten und Borden aus Seide) bestaunen. So oft es möglich ist, werden dort die Fensterläden geschlossen gehalten, um das Sonnen- und Tageslicht fernzuhalten. Mühsam, gleichwohl lohnenswert.

Die Seidenproduktion

Ebenso anstrengend und mühsam gestaltet sich die Produktion der heimische Seide. 1783 lässt Friedrich II. in Babelsberg eine Maulbeerplantage errichten, heute noch als „Plantagenplatz“ zu besichtigen. Auch in der Kolonie Nowawes und am Lutherplatz werden Maulbeerbäume aufgestellt. Der König will seine eigene Seide produzieren – fast um jeden Preis.

Seidenimporte werden mit hohen Zöllen belegt. Die Qualität der heimischen Seide ist jedoch nicht so wertig. Spezielle Inspektoren werden zur Überwachung der Aufzucht eingesetzt. In Potsdam, Berlin und im Land Brandenburg wird die Zucht der Seidenspinner mit preußischem Drill vorangetrieben. Geistliche, Lehrer und Küster werden zur Zucht der Tiere ausgebildet. 

Die Zucht der Seidenspinnerraupen

Es ist eine kaum zu bewältigende Aufgabe und um es abzukürzen, die Seidenproduktion findet ein jähes Ende nach dem Tod des Königs. Die Bauern haben diese Art der Arbeit so satt, vielleicht auch weil die Stoffe von minderer Qualität kaum Ertrag bringen.

Ein kleiner Ausflug mit den Schmetterlingen sei noch gestattet, denn die Zucht der Seidenspinnerraupen gleicht einer Sisyphusarbeit. Also, kurz und knapp:

Der Seidenspinner Schmetterling lebt ungefähr zehn Tage, in dieser Zeit legt er zwischen 600 und 800 Eier. Aus denen schlüpfen dann die Raupen, die die Maulbeerblätter fressen. Und zwar nur die, sonst nix und das vierundzwanzig Stunden am Tag. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit. Die Raupen fressen, wachsen und häuten sich. Nach ungefähr 25 Tagen beginnen sie sich in den eigenen Kokon einzuwickeln, um dann als schöner Falter weiterzuleben. Bis zu diesem Zeitpunkt werden pro Raupe einige Gramm Seide entstanden sein. Um es zu verdeutlichen: 25 Gramm Seide entstanden, wenn eine Tonne Blätter verfüttert wurden. Was ein Aufwand!

Es ist spätestens jetzt klar, warum dieser Stoff der ist, aus dem Träume gemacht werden und sein Preis erklärt sich somit von selbst. Dazu serviere ich eine Kleinigkeit für die Sommerfrische: Maulbeer-Cheesecake mit Früchtchen.

Hier schreibt ...


Potsdamer Genusstrainerin und Gastrosophin

Dein Potsdam-Küchengeflüster – Juni 2023

Einmal im Monat nimmt dich die Genusstrainerin und Gastrosophin Katrine Lihn mit auf eine Entdeckungsreise durch Potsdams Töpfe und Pfannen. Mit ihren inspirierenden Rezepten kannst du das Potsdam-Gefühl auch zu Hause kulinarisch erleben. Dieses Mal zum Genießen: Katrines Honig-Impulse.
360° city view