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Oranierrondell mit Blick auf den Holländischen Garten und die Bildergalerie, Foto: PMSG SPSG André Stiebitz
Schloss Sanssouci im Park Sanssouci, Foto: PMSG SPSG André Stiebitz
Friedenskirche im Park Sanssouci, Foto: PMSG SPSG André Stiebitz

Touren-Tipp: Vom Handwerk im Kunstwerk

Sonne satt, Sehnsucht nach Seide, historische Blumensamen, Sellos und Lennés Gartenkunst, wohldurchdachte Sichtbeziehungen, Sanssouci mit oder ohne Sorge – mit diesen und anderen besonderen Eindrücken habe ich an einem Samstag meinen Lieblingspark Sanssouci aus der Perspektive des Handwerks – vor allem der Gartenkunst – erlebt.

Auf einem geführten Spaziergang durch die versteckten Paradiese – vom Marlygarten zum östlichen Barockgarten Friedrichs II. bis zur Parterre des Orangerieschlosses – kannst du erfahren, wie der Park Sanssouci als Gesamtkunstwerk über Jahrhunderte gewachsen ist. Von der barocken Gartenlandschaft bis zur englischen Landschaftsarchitektur entstanden mit viel Geschmack und im Einklang mit der Natur die Gartenparadiese im Park Sanssouci.

"Mein Marly" nannte Friedrich Wilhelm I. spöttisch seinen Kräutergarten, den er 1720 auf dem kargen sandigen Boden unterhalb des heutigen Weinbergs außerhalb der damaligen Stadtmauer für sich und seine Familie anlegen ließ. Der "Marlygarten" sollte eine kleine Kopie der von Ludwig XIV. gegründeten "Marly-le-Roi" Gartenanlage darstellen, die mit besonderen Obstsorten das Nützliche mit dem Schönen verband. Die Idee verwirklichte der Preußenkönig nun mit seinem Küchengarten. In dem nicht schönen, aber nützlichen Garten fehlte es nicht an Kräutern, Gemüse und Obstbäumen. Hier verbrachte die Königsfamilie die heißen sommerlichen Tage. Allerdings nicht ohne die üblichen Schießübungen des Soldatenkönigs. Bemerkenswert ist, dass der König sich als Gartenkünstler betätigte, selber seine Gemüse und Kräuter pflegte, pflückte und damit seine königliche Tafel bereicherte – als Sonntagsritual!

Die Veredelung des einfachen Küchengartens kam durch den Gartenkünstler Peter Josef Lenné 1840. Es entstand ein "paradiesischer Garten" im Stil einer englischen Gartenlandschaft, mit einer klitzekleinen bayerischen Note. Friedrich Wilhelm IV. kam der Sehnsucht seiner Königin Elisabeth nach ihrer Heimat nach und ließ eine hügelige Landschaft mit einem mit Alpenblumen ausgefüllten Alpinum modellieren. Andererseits spiegelte sich auch die Italien-Leidenschaft des Königs im Garten wieder – mit Häusern im italienischen Baustil. Seiner tiefen Religiosität verlieh er Ausdruck mit der Errichtung des Friedenskirchenensembles mit dazugehörigem Campanile und der im Atrium stehenden friedensstiftenden Jesusfigur. Damit wurde eine andere künstlerische Inszenierung als Abschluss zum Marlygarten geschaffen. Dessen abgeschlossener, idyllischer Gartenbereich jenseits des touristischen Trubels im Park Sanssouci lässt zur Ruhe und zum Frieden kommen.

Der nach Norden anschließende östliche Lustgarten im barocken Teil des Parks Sanssouci führt zu den Spuren der Holländer in Preußen. Zu Zeiten Friedrichs II. wurde hier im Vorgängerbau der Bildergalerie die Kunst der Obstkultivierung betrieben. Kirschen, Pflaumen, Pfirsiche sowie Wein wuchsen und gediehen in der friderizianischen Gartenwelt. Nach der Fertigstellung der Bildergalerie wünschte der König eine vorgelagerte edle Gartenparterre. Nach holländischem Vorbild sollte der Garten gebaut werden und im Oranier-Rondell unterhalb der Gartenanlage zum niederländischen Königshaus Bezug nehmen. Damit wurde der erfahrene Gartenkünstler und Holländer Joachim Ludwig Heydert betraut. Er schuf eine grottierte Terrassenmauer, geschmückt mit Korallen, Bergkristallen und Perlmutterschalen. Dazu kamen die korbbogenförmigen Holz-Laubengänge in der Mittelachse des Gartens. Als Besonderheit der Gartenkunst sind neben den Orangenbäumen als Symbole für die Oranier, Buchsbäume zu erwähnen, die durch an den Zweigen aufgefädelte Glasperlen verbunden waren. Die Orangenbäumchen wiederum wuchsen in vergoldeten Bleivasen als edlem Gartenschmuck. Auch sie erinnern an Kurfürstin Luise Henriette von Oranien-Nassau und die von ihr in Preußen etablierte Tradition der Orangerien. Ihre Marmor-Büste findest du im Oranier-Rondell.

Die Kreativität und Vielfalt des Gartenhandwerks zeigt sich auch heutzutage zweifellos im Park Sanssouci. Zwar sterben gerade einige Baumriesen, dafür wird aber auch immer wieder Neues geschaffen. So wurden unlängst der Maulbeerallee vier Maulbeerbäume gesetzt, um vor an die Handwerkstradition der einstigen Seidenproduktion in Potsdam, zumindest symbolisch, zu erinnern.

Unser Tipp: Bei der öffentlichen Führung "Vom Handwerk im Kunstwerk" erfährst du mehr über die Gärtner, die schon seit Zeiten Friedrichs II. weit mehr als Handwerker waren. Sie erweiterten auf Reisen durch Europa ihr Wissen und brachten viele Anregungen mit nach Sanssouci. Welche Vorbilder kommen im Marlygarten zusammen? Warum ist nützliches Obst auch immer schön anzusehen? Was haben Seidenproduktion und die Maulbeerallee miteinander zu tun? Auf den Spuren des Handwerks führen wir dich vom Grünen Gitter durch den Marlygarten, an den Weinbergterrassen vorbei zum Orangerieschloss. Die Führung findet von Mai bis Oktober jeden Samstag um 14 Uhr statt. Weitere Informationen und Ticketbuchung auf potsdamtourismus.de

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Mitarbeiterin Tourist Information, PMSG Potsdam Marketing und Service GmbH

Im Gespräch – Parkrevierleiter Sven Hannemann über die Orangerie im Park Sanssouci

Hunderte Palmen, Agaven, Lorbeer- und Orangenbäumchen zieren im Sommer die Gärten von Potsdam. Spaziert man durch den Park Sanssouci, so fühlt man einen Hauch Frankreich und spürt die Italienlust. Die Sehnsüchte der Hohenzollern nach fernen Ländern und Kulturen spiegelt sich vielerorts wider – so auch in der Pflanzenwelt der weitläufigen Parkanlagen.
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