Dein Potsdam
Lindstedter Tor im Park Sanssouci, Foto: SPSG PMSG André Stiebitz
Lindstedter Tor im Park Sanssouci, Foto: SPSG PMSG André Stiebitz
Lindstedter Tor im Park Sanssouci, Foto: SPSG PMSG André Stiebitz

Die Tore der Weltausstellung – Metallkunst im Park Sanssouci

Weiße Marmorskulpturen, verspielte Goldverzierungen und üppiges Grün – das sind die auffälligsten Farben im Park Sanssouci – doch es gibt einige Schätze der Metallkunst zu entdecken, die sich im edlen Schwarz präsentieren. Dazu gehören die beiden beeindruckenden schmiedeeisernen Tore des Parks Sanssouci, das Lindtstedter Tor im Norden und das Posttor im Süden. Sie haben eine bewegte Geschichte hinter sich, denn sie wurden ursprünglich in Frankfurt am Main für die Weltausstellung in Chicago 1893 hergestellt und erst später getrennt im Potsdamer Park eingebaut. Zum Ensemble gehörte ein weiteres Tor, das 1939 eingeschmolzen wurde.

Die Weltausstellung fand zur Vierhundertjahrfeier der „Entdeckung Amerikas“ statt und dauerte von Mai bis Oktober 1893. Die dreiflügelige Anlage war vom deutschen Reich aus aufwendig per Schiff und Bahn nach Chicago überführt worden und bildete den Zugang zur deutschen Abteilung im Industriepalast, durch den der US-amerikanische Präsident Cleveland empfangen wurde. Sie wurden in der Presse begeistert gefeiert und die Kunstschmiedearbeit aus der Werkstatt der Gebrüder Armbrüster in Frankfurt hoch gelobt. Nach der Ausstellung wurden sie in den USA zum Kauf angeboten, offenbar fanden sie aber keinen Käufer. 1896 interessierte sich Kaiser Wilhelm II. für die Portale und ließ die Tore erneut über den Atlantik transportieren. Die kaiserliche Kronkasse wurde mit 8.000 Mark für die Tore und 13.500 Mark für die Aufstellung belastet. An der Süd- und Nordeinfahrt zur Avenue des Neuen Palais fanden die beiden kleineren schmiedeeisernen Kunstwerke eine neue Heimat. Das größere Portal wurde am Haupteingang von Sanssouci vor dem Obelisken befestigt.

Das Haupttor und das spätere Posttor auf der Weltausstellung in Chicago – Abbildung in C.D. Arnold, H.D. Higinbotham, Official views of the World`s Columbian Exposition, Chicago 1893, S. 8 (Project Gutenberg License)

Das Posttor erhielt seinen Namen durch den Standort gegenüber dem kaiserlichen Postamt, der ersten offiziellen Poststelle überhaupt im Kaiserreich. Nicht nur die Korrespondenz des Kaisers durchquerte das Tor, auch der Kaiser selbst nutze es als Haupteingang, wenn er mit der Kutsche zwischen Neuem Palais und Bahnhof pendelte. Das Lindtstedter Tor war der Zugang vom Park Sanssouci zum etwas außerhalb gelegenen Schloss Lindtstedt. Das große Haupttor wurde sehr schnell ein beliebtes Fotomotiv für Postkarten, doch 1931 unter dem Gartendirektor Georg Potente entfernt, denn das wilhelminische Portal mit seinen ausufernden Ranken, Blüten und Ornamenten wiedersprach dem friderizianischen Stil auf dieser Seite des Parks. Das Tor wurde eingelagert. 1939, als die anlaufende Kriegsmaschinerie nach Materialien für Waffen verlangte, „opferten“ die Gartenverwalter das Tor. Im Archiv findet sich lediglich der Verschrottungsschein des einst mächtigen Tores, es gibt keine Hinweise wofür das Material verwendet wurde.

Das traurige Schicksal des Haupttores hätte beinahe auch die beiden kleineren Tore ereilt. Das Posttor wurde 1945 von einem russischen Panzer beschossen, danach konnte es nicht mehr geöffnet werden. Das Metall rostete vor sich hin. Die beiden Tore wurden ebenso vernachlässigt wie die Lindenavenue, die einst die Portale verbunden hatte. Um 1985 wurde die Krone auf dem Posttor wegen Baufälligkeit abgenommen, 10 Jahre später folgte die gesamte Anlage. Die Eisenteile wurden an verschiedenen Orten, verteilt in Brandenburg, Berlin und in Sachsen-Anhalt eingelagert Es sah nicht gut aus für die gefeierten Tore der Weltausstellung. Es dauerte nochmals 10 Jahre, bis es erste Überlegungen gab, die Tore wieder zu errichten, schließlich gelang es die Organisatoren der Potsdamer Schlössernacht als Sponsoren für das Projekt zu gewinnen. Eine Spendensumme von 150.000 Euro aus den Eintrittsgeldern des Jahres 2007 sicherte die Finanzierung. Damit konnte die Rekonstruktion des Posttores an seinem ursprünglichen Standort im Park beginnen.

Das Posttor wartet im Schirrhof auf die Restaurierung, Foto: SPSG Martin Richert

Vorbereitungen für die Aufstellung des Posttores. Auf der Leiter Schlossermeister Martin Richert, Foto: SPSG

Die Einzelteile wurden wieder zusammengesucht und zur Bestandsaufnahme provisorisch zusammengesetzt. Ein Expertengremium der Stiftung aus der Metallwerkstatt auf dem Handwerkerhof der Stiftung, der Baudenkmalpflege, der Metall-Wandfassung, der Steinrestaurierung und der Gärten erarbeitete gemeinsam ein Konzept. Dazu gehörte auch, Spuren der Geschichte sichtbar zu lassen. Das Kanonenloch des russischen Panzers ist bei genauem Hinsehen noch zu sehen. Eine weitere spannende Aufgabenstellung für die Gruppe: Der Anstrich des Tores. Wie sollte die Farbe aussehen und welches Material verwendet werden? Am Ende wurde die originale Farbschicht, die bei der Errichtung im Park Sanssouci aufgetragen wurde, ausgewählt. Im Rennen war auch die Farbe auf der Weltausstellung, doch sie passte nicht in den Park Sanssouci. Es ist ein matter Schwarz-Grüner Farbton, der extra für das Tor hergestellt wurde. 

In der Metallwerkstatt auf dem Schirrhof wurden Hunderte von Einzelteilen entrostet, Schrauben und Nietverbindungen erneuert und Verloren gegangenes nachgeschmiedet. Alle Teile wurden aufwendig in der Farbwerkstatt der SPSG beschichtet.

Zur Schlössernacht 2009 konnten die Großen Torflügel nach über 60 Jahren wieder geöffnet werden. Das Lindtstedter Tor folgte ein Jahr später und wurde zur Schlössernacht 2012 wieder aufgestellt. Dann wurden und werden die Zaunanlagen rund um die beiden Tore erneuert und ebenfalls mit der schwarz-grün-schimmernden Farbe lackiert. Die Lindenavenue zwischen den beiden Toren wurde mit einer wassergebundenen Decke versehen, damit ist sie nur noch zu Fuß begehbar. Ihre Bedeutung als Hauptstraße durch den Park hat sie damit verloren, doch die beiden Tore bleiben ein überraschender Höhepunkt der Schmiedekunst, in diesem von Kunst reichem königlich/kaiserlichen Park.

 

Hier schreibt ...


Stiftung Preussische Schloesser und Gaerten Berlin-Brandenburg

Potsdam – Eine Reise durch Europa

Die Architektur Potsdams, aber auch seine Traditionen spiegeln die Geschichte der Stadt wider. Und die Sehnsüchte ihrer Herrscher. So hat Brandenburgs Landeshauptstadt heute zweifelsohne viele Gesichter. Menschen aus ganz Europa kamen im Laufe der Zeit in die Residenzstadt der Hohenzollern – und damit auch ihre Kultur und ihre Bauten. Bis heute bewahrt sich Potsdam diesen europäischen Esprit. Mit allen Sinnen spürbar.
360° city view