Dein Potsdam-Blog
Mauerstück an der Villa Schöningen, Foto: PMSG Sophie Soike
Glienicker Brücke, Foto: PMSG André Stiebitz
Informationspfad entlang der ehemaligen Grenze in Potsdam, Foto: PMSG Sophie Soike
Villa Schöningen mit Stelen-Pfad "Achtung Grenze", Foto: PMSG André Stiebitz
Informationspfad entlang der ehemaligen Grenze in Potsdam, Foto: PMSG Sophie Soike
Eremitage im Neuen Garten, Foto: SPSG PMSG Sophie Soike
Schloss Cecilienhof im Neuen Garten, Foto: SPSG PMSG Sophie Soike
Ehemaliger Grenzturm an der Bertini-Enge, Foto: PMSG Sophie Soike
Ehemaliger Grenzturm an der Bertini-Enge, Foto: PMSG Sophie Soike

Achtung Grenze – Auf Spurensuche mit Harry Kühn

Die neuen Audiotouren "Sperrzone in der Parklandschaft" und "Im Schatten des Eisernen Vorhang" ergänzen die App "Potsdam City Guide" und landen zum individuellen Erkunden des ehemaligen DDR-Grenzgebietes zwischen Glienicker Brücke und Bertini-Enge ein.

Der erste Hinweis

Dieser Veranstaltungstipp im Kultur-Radio vom April 2019 weckt sofort mein Interesse. In Potsdam werden Informations-Stelen eingeweiht, die an acht Positionen entlang des Weges von der Glienicker Brücke zur Bertini-Enge, Auskunft über das zu Zeiten der deutschen Teilung hier vorherrschende Grenzregime geben.

Es ist ein kühler Frühlingstag als an der ersten Stele vor einem interessierten Publikumskreis die Eröffnungsreden gehalten werden. Aus den vorgetragenen Fakten zur Historie des Areals geht deutlich hervor, welche Bedeutsamkeit dem Projekt zukommt, dessen Entstehung insbesondere dem Zentrum für Zeithistorische Forschung sowie dem Verein Erinnerungsorte Potsdam zu danken ist.

Als die Grußworte verklungen sind, setzt sich die vor der Villa Schöningen versammelte Gesellschaft in Bewegung und schlendert den heute so idyllisch anmutenden Weg entlang, der damals schier unüberwindlich versperrt ist, um die DDR gen West-Berlin abzuriegeln.

Die spontane Idee

Schon nachdem wenige Meter auf der Schwanenallee zurückgelegt sind, zieht der Gedanke in mir auf, wie gut hier ein Audioguide passen würde. Denn es wäre doch klasse, man könnte sich auf der Strecke zur Bertini-Enge – unterwegs, von Stele zu Stele – noch mehr darüber erzählen lassen, wovon im Jahr 1990 fast alle baulichen Zeugnisse beseitigt wurden.

Nachdem aus der Idee schließlich ein Konzept gereift ist, nehme ich Kontakt zur PMSG Potsdam Marketing und Service GmbH auf und treffe dort auf erfreulich großes Interesse.

Das gangbare Procedere

Nicht zur Realität passt indes meine Annahme, die Marketinggesellschaft könne aus ihrem Budget schöpfen, um das Vorhaben umzusetzen. Doch bietet sich eine Möglichkeit über die Kulturförderung der Landeshauptstadt. Diese Chance auf Unterstützung setzt diverse Formalien voraus, wie das Einreichen eines entsprechenden Antrages. Ob dem dann auch entsprochen wird, bleibt natürlich zunächst abzuwarten.

Optimistisch gestimmt, laufen die Vorbereitungen weiter – beispielsweise Anfragen, wer für die Ausarbeitung der Texte oder zur technischen Umsetzung in Frage kommt. Als dann aus dem Potsdamer Rathaus dankenswerterweise die positive Entscheidung verkündet wird, liegt der Ablaufplan zur Produktion des Audioguides bereits vor, also kann es nun so richtig losgehen.

Für die inhaltlichen Gestaltung ist mit Karoline Kleinert und Florentine Schmidtmann die Idealbesetzung gefunden. Beide sind profunde Kennerinnen der Materie. Überdies hat erstere den Roman "Sie nannten ihn Verräter" verfasst, dessen Handlung wesentlich mit der deutschen Teilung zu tun hat und letztere zeichnet bereits für die Texte jener Infostelen sowie der dazugehörigen Website verantwortlich, auf die das vorliegende Projekt Bezug nimmt.

Die beiden Touren

Davon ausgehend, dass viele Besucher über die Berliner Straße anreisen, ist der Audioguide zweiteilig angelegt: Tour 1 "Sperrzone in der Parklandschaft" für die Strecke von der Glienicker Brücke zur Bertini-Enge. Tour 2 "Im Schatten des Eisernen Vorhang" für den Rückweg.

Beide Hörführungen sind so konzipiert, dass sich ihnen durchaus auch andernorts gut lauschen lässt. Man ist also keineswegs an die Route am Ufer des Jungfernsees beziehungsweise der Havel gebunden.

Das zweiphasige Angebot

Durch die PMSG wird der in einer rundum angenehmen Kooperation erstellte Audioguide via der App "Potsdam City Guide" lanciert. Und als nächste erfreuliche Nachricht darf vermeldet werden, dass das Zentrum für Zeithistorische Forschung die beiden Hörführungen – sowie begleitendes Bildmaterial – in das Portal aufnimmt.

Der persönliche Bezug

Ob es zu der Thematik des Projektes eine besondere Verbindung für mich gibt, werde ich oft gefragt. Durchaus. Allein schon durch mein bereits in früher Jugend in der DDR angestrebtes Ziel, den dort allgegenwärtigen Reglementierungen zu entfliehen; sind es doch – neben der Mauer – viele weitere Grenzen, die das auf Konformität ausgerichtete System dem Individualismus entgegenstellt und den aufrechten Gang, von dem Stefan Heym später, am 4.11.89 auf dem Alexanderplatz spricht, verwehren.

Der Fluchtversuch, den ich 1987 unternehme, impliziert von Beginn an "Plan B": Freikauf durch den Westen aus der Inhaftierung. Und tatsächlich wird es dieser Weg, auf dem mir der für Ausreiseangelegenheiten spezialisierte Ost-Berliner Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Vogel begegnet. Er gilt insgeheim als die Person mit dem "goldenen Schlüssel" zum spaltweiten Öffnen des Eisernen Vorhangs, insbesondere in Fällen gemäß meinem Plan B. Für die DDR schlicht ein Geschäft zur Erlangung von Geld und Waren aus dem Westen, erlangen mit dem humanitären Engagement aus der Bundesrepublik sowie durch die dort aufgebrachten finanziellen Leistungen, tausende Menschen die Freiheit.

Maßgeblichen Anteil daran hat auf Westseite Ludwig Rehlinger. Sein Name verbindet sich auch mit dem Agentenaustausch auf der Glienicker Brücke. In dieser Angelegenheit agiert für den Osten wiederum Advokat Vogel, zu dessen Markenzeichen ein repräsentativer Wagen westlicher Produktion zählt, der im gleichen Farbton strahlt wie jener imaginäre Mauer-Schlupfloch-Schlüssel. Inwieweit es auf seinen Einfluss zurückgeht, dass ich im Februar 1988 am Bahnhof Berlin-Friedrichstraße in den Zug gen Westen steigen kann, wird mir damals nicht bekannt. Und auch heute ist dieses kleine Rätsel ungelöst – zumindest bislang ...

Die kleine Schlussanmerkung

Anregungen für weitere Audioproduktionen sind herzlich willkommen, Harry Kühn.
harry-kuehn.de

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Sprecher und Hoerspielautor

Auf den Pfaden der verschwundenen Grenze in Potsdam

An einem frostigen Wintertag machen meine Freundin Birgit und ich einen Spaziergang auf den Spuren eines Teilbereichs der Berlin-Potsdamer Grenzanlagen: Vom Jungfernsee entlang in den Neuen Garten. Inmitten des heutigen UNESCO Welterbes gibt es einen Geschichtspfad mit Informationen über die Zeit der Teilung.
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